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Auf Mr. Barnabys Spuren

Montags Abends schaut meine Frau oft Mr. Barnaby, eine Krimiserie, die in 'Midsomer' spielt, einer Gegend, die im Fernsehen sehr idyllisch wirkt und meist in der Region zwischen Reading und Oxford gedreht wurde. Also beschließen wir, dort einen Radl-Urlaub zu verbringen. 

 

Es soll mit dem Zug über Paris nach London gehen, dann per Rad nach Oxford, falls es die Zeit erlaubt dann noch ein kurzer Abstecher an die Südküste. Und auf den Rückweg planen wir noch einen Zwischenstop von 2 Tagen in Paris ein.

 

Wir fahren beide mit unseren Bromptons, meine Frau elektrisch, ich nicht-elektrisch. Bei mir ist der Gepäcktransport durch verschiedene Radreisen klar, ich habe an der Front eine 25l-Tasche quer, die meine Klamotten und das ganze technische Equipment (Ersatzteile, Powerbank, Kabel....) aufnimmt.

Beim Brompton electric steckt der Antriebsakku in einer recht kleinen Fronttasche. Durch das Ladegerät und einen Zweitakku (die Kapazität eines Akkus reicht nur für ca 30-40km Reichweite) verbleibt kaum Stauraum für das Gepäck meiner Frau. Zumal sie immer ihr Kopfkissen mitnehmen muss, um gut schlafen zu können. Sie packt daher ihre Sachen in einen 55l-Rucksack, den sie auf dem Gepäckträger und am Sattel befestigt. Das hält besser als erwartet, aber das auf- und abrüsten geht dann nicht mehr ganz so gut, aber was soll's, wir planen großzügige Umstiegszeiten und beim Aus- und Einchecken zur Übernachtung brauchen wir dann eben etwas länger.

 

Wir starten also mit unseren beiden Klapprädern, mit denen wir zusammen noch nie eine wirkliche Tour bei uns gemacht haben, so richtig liebt meine Frau das Brompton nicht, es hat nicht die Power wie ihr Allltags-Ebike und die vergleichsweise geringe Reichweite fördert ihre Skepsis. 

 

Die Fahrt per Bahn ist ok, 2 Bromptons 13 Kilo zuzüglich unseres Gepäcks wiegen aber beim Umstieg doch schwer, wir schaffen zwar einen Gleiswechsel ohne Aufzug, sind dann aber auch ziemlich geschafft. 

Beeindruckend schnell gelangen wir von Sträßburg nach Paris. In Paris müssen wir vom Gare de L'Est zum Gare du Nord wechseln, eine kurze Strecke, die wir natürlich per Rad fahren. In Paris sind Radfahrer die Könige des Verkehrsraums. Sie haben tolle, vom KFZ Verkehr getrennte Radwege, die Menge an Radlern lässt Autofahrer hohe Vorsicht walten, Fussgänger sind ebenfalls diszipliniert und achten auf die zügigen Radler. Die Radler selbst sind eher nicht diszipliniert. Rote Ampeln betrachten sie allenfalls als Empfehlung langsamer zu fahren, Stehenbleiben ist nur eine Ausnahmeoption. Meine Frau ruft schon auf dieser ersten kurzen Etappe in Paris vor roten Ampeln "Fahr zu!", dieser Ausruf sollte uns auf unserer Reise noch öfter begleiten.

 

Die Fahrt mit dem Eurostar von Paris nach London lief zügig und unspektakulär. Das Unterfahren des Ärmelkanals ist einfach nur langweilig, weil dunkel. Spektakulärer ist da schon das Einchecken. Lange Warteschlangen vor der Grenzkontrolle der Franzosen im Gare du Nord und dann gleich darauf, ebenfalls noch im Gare du Nord, die Einreisekontrolle der Briten.

Wir haben leider keine durchgängige Fahrkarte von Wasserburg nach London buchen können, sodass die Frage den Anschluss in Paris zu bekommen, nicht ganz unkritisch war. Zumal unsere Eurostar-Verbindung die zweitletzte an diesem Tag war, mit etwas Pech und großer Verspätung wäre also evtl. sogar unsere sehr teure Übernachtung in London in Gefahr gewesen. Aber es hat alles geklappt, wir sind um 9 Uhr morgens in Wasserburg gestartet, um ca. 17.15 mit einer halben Stunde Verspätung in Paris angekommen und durch eine großzügig geplante Pause konnten wir den Wechsel des Bahnhofs und den Anschluss nach London gut realisieren, so dass wir dort gegen 20.30 Uhr Ortszeit ankamen.

Unsere ersten Meter mit dem Rad in London waren ganz ok. Die Radspuren sind gerade auf den größeren Straßen vom Kfz-Verkehr getrennt, das hilft. Man muss sich aber schon disziplinieren, in die richtige Richtung zu schauen, wenn man an Einmündungen oder Kreuzungen steht. Oder in beide, wenn man überfordert ist. :-)

 

Unsere erste Übernachtung war in einem süßen, kleinen Apparement, hinter einer hohen Mauer, mit kleinem, verwunschenem Garten. Auf dem Weg dorthin, sind wir noch einem Stadtfuchs auf der Pirsch begegnet. In den nächsten Tagen fahren wir zunächst die Themse entlang nach Reading , dann etwas quer durch die Landschaft zu verschiedenen Drehorten von "Mr. Barnaby" und landen zuletzt in Oxford. Dort kommen wir in einem Hotel mit winzigem Zimmer unter, kleiner als in London, aber mit nettem Betreiber. Oxford ist wirlich sehenswert, das sehen natürlich auch viele andere Leute so, die Stadt ist wirklich stark besucht. 

 

 

Wir machen dann per Bahn einen Abstecher an die Südküste. Sonntags ist noch alles brechend voll. Am Montag dann gähnende Leere. Anschließend geht es wieder per Bahn nach London. Etwas Sightseeing und Shoppen.

 

Auf unserer Rückfahrt gönnen wir uns noch 2 Tage Paris. Damit uns unsere Bromptons nicht geklaut werden, nutzen wir für die Stadterkundung die Velolibs, ein geniales Verleihsystem für Räder und Ebikes. Es gibt feste Stationen, an denen man per App die Räder leihen und wieder zurückgeben kann. Diese Stationen gibt es überall in der Stadt. Man erwischt auch mal ein schlechtes Rad, aber dann schaut man, dass man möglichst bald ein anderes bucht. Dafür ist man flexibel und kann sorglos das Rad wieder abstellen und bucht dann wieder ein neues. Das geht schnell und einfach. Zusammen mit der tollen Radinfrastruktur lässt sich Paris so genial erleben.

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