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Mit der Zero nach Kroatien

Endlich ist es soweit. Der Plan steht, das Moped ist bepackt, die Batterie geladen. Es kann losgehen. 

 

Tag 1

 

Heute möchte ich bis nach Ljubljana kommen. Das sind 420 km. Mit der Fahrt über den Großglockner. Rechnet man drei Zeitblöcke für's Fahren von 3h und zwei für's Laden von ebenfalls 3h kommt man auf 15h. Wenn ich um 6:00 Uhr starte, könnte ich bis 21:00 Uhr dort sein. Im ersten Rutsch möchte ich bis Zell am See kommen und dort für die Querung des Alpenhauptkamms vollladen. 

Als ich starte hat es ca. 10 Grad. Die Luft ist klar und frisch. 2 Ballonfahrer sind auch schon unterwegs, um den schönen Tag möglichst gut zu nutzen. Ich komme an einem Segelflugplatz vorbei, an dem 3 Segler auf ihren nächsten Flug warten. In der Sonne ist die Temperatur ok, aber im Schatten der noch tiefstehenden Sonne ist es kalt. Meine Finger werden immer weißer und gefühlloser, nach knapp 80 km muss ich kältebedingt eine Pause machen und nehme gleichzeitig noch ein paar Schluck Strom bei der Energietechnik in Erpfendorf. Am nächsten vorgesehenen Ladepunkt in Schüttdorf bei Zell am See, kurz vor dem Großglockner, blockiert ein lokaler i3 die Typ2 Ladesäule. Fast alle anderen Steckdosen sind nur Schuko, von denen viele von ausrangierten SmartED's in schlechtem Zustand belegt sind. Immerhin hängen sie am Strom, aber je länger sie stehen umso mehr altern die Fahrzeuge und insbesondere die Akkus. Ich stöpsele meine Zero also an 2 Schukos, lade mit 3.4kW für die fast 2000 Höhenmeter, die dann kommen und gönne mir selbst einen Cappo und ein  Croissant in einer nahegelegenen Bäckerei.  

Mit 95% starte ich wieder und fahre auf den Großglockner zu. Inzwischen ist die Temperatur soweit angestiegen, dass ich nicht mehr friere und meine Finger wieder gut durchblutet werden. An saftigen Wiesen und Weiden geht es vorbei, durch die Mautstelle durch und dann ca. 20 Kehren bis nach oben. Die Luft wird wieder deutlich kälter. Vom Gleitschirmfliegen weiß ich noch, dass 1000m 6° Temperaturunterschied bedeuten. Am Scheitelpunkt von 2500m habe ich noch 55% Akku. D. h. für 36 km Strecke und 1950 Höhenmeter 40% verbraucht. Ich checke nochmal meine Faustformel (1kWh pro 1000 Höhenmeter): 36 % Strecke sind bei den niedrigen Geschwindigkeiten ca. 18% Verbrauch, bleiben 22% für 1950 Höhenmeter. Faustformel passt. 

Der Ausblick am Hochtor ist atemberaubend. An einem kleinen Kiosk pausieren Radl, WoMos, Autos und jede Menge Motorräder. Ich hänge meines an die dort ebenfalls verfügbare Ladesäule (die mit der schönsten Aussicht vermutlich in ganz Europa) und lade noch ein bisschen nach, während ich mir eine Breze gönne. 

Dann fahre ich abwärts. Die Rekuperation auf der stärksten Stufe schafft es nicht, die Zero für die Kurven genügend abzubremsen, ich muss leider wirklich richtig bremsen. 25 km nach dem Hochtor auf 1000m angekommen stelle ich fest, dass ich ca. 3% SoC gewinnen konnte, d. h. zusammen mit den erforderlichen ca. 12% für die Strecke ergeben sich insgesamt etwa 15% Rekuperationsleistung. Die Zero konnte also zwei Drittel der potenziellen Energie rückgewinnen. Die Reichweitenanzeige zeigt dann phänomenale 350km Reichweite an. Sowas in der Ebene zu haben wäre klasse :-).

Über Winklern, Obervellach fahre ich weiter nach Spittal, wo ich nochmal lade. Anschließend geht's auf zum Wurzenpass nach Slowenien. Kurz bevor ich die kleine Straße zum Wurzenpass abbiege, hupt mich ein Sprinter von hinten an und ich denke "Was will der bloss?". Als er an mir vorbeizieht winkt er und ich sehe das Wasserburger Kennzeichen. Ein Gruß aus der Heimat. 

Mit 18% ist der Wurzenpass ziemlich steil, die Teerdecke z. T. recht schlecht zusammengestückelt, aber immerhin durchgehend. Auf der anderen Seite prüfe ich in Kranjska Gora die Lademöglichkeit an der Gemeindeladesäule, weil ich auf dem Rückweg hier vielleicht nochmal laden muss. Typ2 durchgehend nutzbar, zeitweise parallel dazu CEE rot & blau, sowie Schuko. Prima. 

Ich fahre auf Nebenstraßen weiter Richtung Ljubljana. Weil ich aufgrund des langen Tages doch schon ganz schön müde bin, übernachte ich in einem Außenbezirk in einem Hotel mit Lademöglichkeit. 7 Teslasäulen und ein Typ2. Bei den Typ2 Ladepunkten ist nie ganz sicher, ob sie funktionieren oder ob eine Freischaltung notwendig ist, für die man vielleicht keine Berechtigung hat. Hier hat es aber geklappt, auch wenn die Ladesäule eigentlich für ein Carsharing-Auto vorgesehen ist. Tesla macht das wirklich gut. Du weißt einfach, du kannst da hin und bekommst Strom. 

 

Tag 2 

 

Erstes Zwischenziel ist Rijeka. Ca. 140 km Entfernung. Dazwischen 2 potenzielle Ladepunkte, einmal in Vrhnika, nach ca. 40km und einer in Pivka, nach weiteren 40 km. In Vrhnika lade ich, dort kommt meine hart erkämpfte GremoNaElektriko-Ladekarte zum Einsatz. Wäre aber auch per SMS gegangen. Interessant: In Slowenien sehe ich (hier zum ersten Mal, später dann immer mal wieder) Sammelboxen für Elektroschrott. Sowas würde sich bei uns sicher auch gut machen, das Material zu recyceln. Klar, es gibt die Bauhöfe. Aber an so eine Sammelbox kommt man öfter hin, deshalb wird die Hürde und damit die Sammelquote sicher besser sein. 

Nach Vrhnika wird die Straße immer kleiner und kleiner, irgendwann ist die Teerdecke ganz weg. Der Grenzübergang ist winzig. Mitten auf meiner Fahrspur, genau vor der Schranke, ein riesiger frischer Ölfleck und eine Ölspur, die sich weiterzieht. Genau hier hat jemand Probleme mit seinem Motor gehabt. Ich muss aber auf meiner Seite durch die Schranke, zirkle etwas und komme vorbei. Freundlicher Grenzer halt.

Kurz nach der Grenze sehe ich das Meer! Das Meer !!! Ich bin an der Küste. Klasse. In Rijeka nehme ich noch ein bisschen Stau mit. Die Stadt schaut zunächst nicht sehr einladend aus. Abgerissene Wohnblocks, schlechte Luft vom dichten Verkehr. Vielleicht auch, weil die Autos hier alle noch eine Generation älter sind. Das Wohlstandsniveau von Kroatien hinkt dem von Slowenien bestimmt 20 Jahre hinterher. In den 90ern war ich beruflich oft in Slowenien, das könnte etwa hinkommen. 

 

In der Innenstadt angekommen, parke und lade ich auf einem öffentlichen Parkplatz. Was in Slowenien und Kroatien positiv auffällt: Die Plätze vor der Ladesäulen sind auffällig markiert, meist grün angestrichen. Das sorgt dafür, dass kaum ein Verbrenner die Ladesäulen blockiert. Davon könnten wir uns in Deutschland aber auch die Österreicher eine Scheibe abschneiden. Ich stöpsele die Zero an den Strom und gehe in die Stadt bummeln und frühstücken. 

Als ich zurückkomme sehe ich, die Ladung hat vorzeitig abgebrochen, ich konnte nur ungefähr 1.5 kWh laden. Das nächste Tagesziel ist Starigrad. Das längste Teilstück bis dahin hat es ca 134 km keine Ladesäule. Deshalb beschließe ich, in Crikvenica und Novi Vinodolski mein Glück zu versuchen. Für die Suche der Ladesäulen in Kroatien verwende ich übrigens die Webseite puni.hr

In Crikvenica angekommen stelle ich fest, die Ladesäule ist vom gleichen Typ wie in Rijeka. Ich versuche es trotzdem, stelle aber wie in Rijeka fest, dass die Ladung nach ca. 15 min abbricht. Noch ein Versuch in Novi Vinodolski, um für die 134 km aufzutanken. In Novi Vinodolski gibt es die auf puni.hr beschriebene Ladesäule nicht. Es gibt mehrere Parkplätze. Ich suche sie zu Fuß alle sorgfältig ab. Nichts. Ich frage im Tourismusbüro nach. Dort weiß man auch von keiner Ladesäule. Also wieder 10 km zurück nach Crikvenica. Ich werde es dort nochmal mit reduzierter Ladeleistung versuchen. Eigentlich sollten an diesem Säulentyp 22kW, also 32A möglich sein. 16.5. Ampere braucht der Chargetank. Vielleicht ist die Säule nur bis 16A nutzbar? Also stöpsele ich die Zero so an, dass sie nur 2.4 kW zieht.

Als ich die Ladesäule mit der elen-Ladekarte aktivieren möchte merke ich, dass ich meine Ladekarten vermisse. Ich suche alle Taschen meiner Motorradjacke ab. Packe den Koffer und den Rucksack aus. Überlege: Wo hatte ich sie das letzte mal? Genau an dieser Stelle. Ohne Ladekarte ist das Laden an den Ladesäulen in Crikvenica und Rijeka nicht möglich. Wie komme ich denn nun weiter? Oder zurück? Während ich mein Zeugs noch einpacke, kommt ein Mann auf mich zu und hat meinen Stapel Ladekarten in der Hand. Sagt mir, dass er mehrmals um den Platz gekurvt ist, ob er mich nochmal wiederfindet. Überglücklich die Karten wieder zu haben, möchte ich ihn einladen, aber er lehnt ab, das sei doch selbstverständlich. Erleichtert und glücklich kann ich nun doch weiterfahren, lerne aber, dass die Abhängigkeit von den Ladekarten mindestens so groß ist, wie die von Geld. 

Die reduzierte Ladeleistung macht auch das Ladegerät oder die Ladesäule glücklich: Die Ladung verläuft ohne Probleme. Das wird auch für den Rückweg in Rijeka von Vorteil sein. Mit vollem Akku mache ich mich auf den Weg nach Starigrad. 143 km am Stück ohne Ladesäule. Ich fahre etwas langsamer, max. 60 km/h um in Starigrad noch ein paar km Reserve zu haben, außerdem führt die Straße nicht komplett an der Küste entlang, sondern hat auch noch einige Auf's und Ab's, die den Verbrauch auch noch mal steigern. Mit dieser reduzierten Geschwindigkeit ist die prognostizierte Reichweite im Display 220 km, ich rechne anhand der gefahrenen Kilometer mit dem SoC auf 0% mit 190 km. Das offizielle Geschwindigkeitsniveau ist sowieso niedrig, meist 60, in vielen Kurven oder Ausfahren aber auch weiter reduziert auf 50 oder 40. Nur hält sich niemand dran. 

Die Küstenstraße selbst ist herrlich zu fahren. Das Meer ist klasse. Das Wasser ganz klar. Oft türkisgrün. Die Küstenstraße weist einen guten Belag auf. Die Kurven mit der Zero zu nehmen ist super. Der stufenlose Antrieb und das große Moment des E-Motors machen das Durchschwingen zu einem Vergnügen.

In Starigrad muss ich allerdings feststellen, dass die angegebene Ladesäule nur Schuko bietet, Typ2 ist nicht verfügbar. Also nur 3 kW und das auch noch für 60 kn (8 Euro). Ich beschließe, mein Glück in einem Hotel zu versuchen. Ein paar Meter weiter gibt es das "Degenija". In Englisch mit dem Chef und Deutsch mit der Köchin, kann ich klarmachen, dass ich nicht nur ein Zimmer, sondern auch Strom haben will (nicht nur ein Kabel :-)). Ich darf das Moped in der Nähe meines Zimmers abstellen und dort einstecken. Glücklicherweise habe ich ein 10m Kabel dabei. Als ich den Wirt bitte, einen Betrag für den Strom auf die Rechnung zu setzen, antwortet er verständnislos "It's electricity", als sei sie einfach so da und würde nichts kosten.

Damit das Kabel und die Stecker nicht überhitzen, nutze ich nur 2.4 kW. Und: Es klappt. Die Sicherung fliegt nicht, alles gut. Ladekarten, Geld, Schlüssel... alles da. Ich kann entspannt mein Bier trinken, zu Abend essen und ins Bett gehen. 

 

Tag 3

 

Es geht weiter nach Zadar. Die Strecke verläuft nur noch am Anfang an der Küste, dann quer durch die Pampa. Kleine, kurvige Straßen. Mit einem Augenwinkel sehe ich orangefarbene statt gelber Ortsschilder. Instinktiv erkenne ich, hier muss ich einer Umleitung folgen. In Zadar gibt es eine Berufsschule, an der es eine Ladesäule gibt. Leider ist die gestört. Wirre Zeichen auf dem Display. Und es fließt kein Strom. Ob die Ladekarte akzeptiert wird kann ich am Display nicht ablesen. Also weiter zur nächsten. Die befindet sich nicht an der angegebenen Position (später merke ich, ich hätte im Hafen schauen müssen, der Marker war im goingelectric-Verzeichnis nicht gut gesetzt). Die letzte Ladesäule befindet sich am Rande der Altstadt, ich müsste einen deutlichen Umweg machen. Also beschließe ich, meine Strecke weiterzufahren und in Biograd zu laden. Dort ist der Ladepunkt - eine einzelne Schukodose - von 2 Dienstfahrzeugen belegt. Bis dahin bin ich insgesamt 85 km gefahren. Ich käme noch weiter bis Vodice (35km), aber dann hängt alles daran, dort eine Lademöglichkeit zu finden. Weiter nach Dubrovnik ist die Ladesäulensituation auch nicht besser. Falls in Vodice die Ladesäule funktioniert, wäre alles ganz entspannt. Falls nicht, komme ich mit der dann insgesamt erforderlichen Gesamtreichweite von 220 km nicht mehr nach Starigrad zurück. Nach etwas Überlegen (und Bedauern) gebe ich mein Ziel "Durbrovnik" auf und beschließe, an dieser Stelle umzukehren. Ich werde stattdessen an der Küste bis nach Crikvenica herumfahren und natürlich das Tesla Memorial Center in Smiljan besuchen. Ich lade also nochmal am Hotel in Starigrad und breche nach Gospic (gleich neben Smiljan) auf. 

In Zadar lade ich meinen Akku an der Altstadtladesäule voll, während ich selbst ein bisschen durch die Stadt schlendere und mir in der modernen Interpretation eines Biergartens eine Cola gönne. Hätte ich den Umweg zu dieser Säule noch auf dem Hinweg gemacht, wäre ich vielleicht noch nach Dubrovnik gefahren, aber egal. Über Starigrad und die schöne Küstenstraße fahre ich bis Karlobag, dann geht es ins Landesinnere und 1100m bergauf. In Gospic kann ich mein Moped wieder ganz einfach ohne Karte und Freischaltungsgedöns an eine Typ2-Steckdose anstecken. Direkt neben der Ladesäule gibt es einen automatisierten eBike-Verleih. Das Tesla Memorial Center ist nur ein paar km weg, es wäre also eine gute Sache, einfach mit dem eBike da hin zu fahren. Ich schaffe die Anmeldung, die Eingabe meiner Kreditkarte, die Verifikation meiner Mobilnummer, kann den Ausleihprozess beginnen, die Nummer des Fahrrades angeben - aber es fehlt mit die Eingabetaste. Tja, dann also am nächsten Morgen mit dem frisch geladenen Motorrad hinfahren. 

 

Tag 4

 

Gleich um 8 Uhr mit Beginn der Öffnung bin ich am Memorial Center. Die erste halbe Stunde bin ich alleine, dann trifft ein Bus mit einer oder mehreren Schulklassen ein. Im Geburtshaus von Tesla wird seine Geschichte erzählt und wichtige Stationen dargestellt, z. B. die erste Asynchronmaschine. Daneben gibt es noch ein kleines Gebäude, in dem eine Teslaspule gezeigt wird. Die Schulklasse holt mich hier ein und ich schaue mir das mit ihr gemeinsam an. Ich verstehe leider praktisch nichts. Einige Schulkinder erhalten Leuchtstoffröhren in die Hand. Nach ein paar erklärenden Worten wird der Raum abgedunkelt und die Teslaspule unter Strom gesetzt. An ihrem oberen Ende treten Entladungen auf und die Leuchtstoffröhren fangen an zu glimmen. Die Schulklasse kreischt vor Aufregung. Schön. 

Nach 30s ist der Spuk vorbei. 

Ich stapfe zu meinem Motorrad zurück, das ich an der Ladesäule am Eingang nochmal etwas nachgeladen habe und mache mich wieder auf den Weg nach Crikvenica. 

Als ich dort meine Maschine gerade anstecke, hält der Fahrer einer blauen Suzuki Bandit. Wir reden ein bisschen über die Zero, übers Motorradfahren und über Kroatien. Ljubo hat eine Motorradpension und da ich noch keine Unterkunft für den Abend habe, buche ich mich bei ihm ein. Als kleine Nachmittagsrunde empfiehlt er mir eine Strecke über Tribalj, Zlobin und Fuzine und dann nach Süden. Ljubo erwähnt ein Lokal mit Brennesselpuffer, irgendwas mit Vagabondieros. Klingt spanisch, ist es aber wohl nicht. 

Die Tour ist klasse. Sie hat vielleicht nur 70 km, aber von Meer bis 1200m ist alles dabei. In Google finde ich die Vagabundia-Gaststätte, was gut ist. Sie liegt mitten im Wald, ist von außen auf die Schnelle nicht als Gaststätte erkennbar, ich wäre vermutlich einfach dran vorbeigefahren. So kehre ich aber ein und probiere die vegetarische Platte inkl. der Brennesselpuffer. Ein Gedicht.

Der Weg runter nach Selce, wo Ljubo seine Motorradpension hat, schlängelt sich durch Wald und Felsen. Wie direkt aus einem Winnetou-Film der 60er Jahre. 

Als ich bei Ljubos Pension ankomme, kann ich mein Moped zu einigen anderen Stellen. An der Wand gibt es eine Steckdose. "Extra für Dich montiert" sagt Ljubo. Jahrelang seien die Drähte aus der Wand gehangen und er habe sich Strom immer von woanders geholt. Mein Moped sei jetzt der Anlass die Steckdose zu setzen. Er ist stolz. Ich bin glücklich.

 

Tag 5

 

Am nächsten Morgen fahre ich von Crikvenica über Rijeka, Ilirska Bistrica bis Pivka, wo ich am Militärmuseum laden möchte. Die extra dafür beschaffte Etrel-Ladekarte funktioniert nicht. Ich leihe mir im Museum eine Ladekarte aus: Sie ist von Petrol. Leider war die goingelectric.de-Beschreibung nicht ganz korrekt. Aufgrund der vielen Versuche hängt sich die Ladesäule auf. Die Hotline rebootet die Säule und schaltet sie frei. Während das Moped lädt, schaue ich mir das Museum an. Panzer, Waffen, Flugzeuge, sogar ein U-Boot. So ein Panzer schaut aus der Nähe sehr hässlich aus. Grober, unbehandelter Guss. Raue Oberflächen, als seien sie vernarbt. Dickes Blech mit bestimmt 60 mm Stahl. 

Am meisten beklemmend finde ich die Sammlung von Gasmasken. Furchtbar. 

Am Ende der Ausstellung wird die jüngere Geschichte von Jugoslawien und die Entstehung von Slowenien vermittelt. Und es folgt ein Aufruf, einen Vertrag bei der Armee zu unterzeichnen. Vielleicht müsste man die jugoslawische Geschichte miterlebt haben, um die Motivation der Soldaten kennenzulernen und sich ein Urteil bilden zu können. 

Entlang der Idrijca geht es nach Spodnja Idrija, Tolmin bis Kobarid, wo ich jeweils die Ladesäulen nutzen möchte. An der ersten in Spodnja Idrija kann ich laden aber danach nicht mehr ausstecken. Die Betreiberhotline von Elektro Ljulbjana sagt, sie seinen nicht zuständig, ich solle 112 anrufen. Irgendwann, mit der Hilfe eines Mitarbeiters der Firma vor der ich stehe, gelingt es dann die Ladung zu beenden und ich kann vollgetankt aber zweifelnd ob der Hotlinekompetenzen weiterfahren. In Tolmin und Kobarid kann ich nicht laden, die Ladesäulen akzeptieren keine meiner Karten, deshalb beschließe ich, in Kobarid zu übernachten und in der Pension Strom zu zapfen. Der Chef der Pension in Kobarid ist selbst Motorradfahrer, in seiner Dreifachgarage stehen mehrere Motorräder und dort befinden sich auch 2 Schukodosen, wo ich laden darf. Ich bin wieder glücklich. 

 

Tag 6

 

Am nächsten Morgen fahre ich nach Bovec, wo wieder eine Ladesäule steht, die ich nicht nutzen kann. Die letzten 3 Säulen wären ideal, um im September nochmal eine kleine Tour nach Slowenien zu machen und ein bisschen im Triglav-Nationalpark zu fahren. Aber wenn die Säulen nicht tun wird das schwierig. Schade. Es gibt auch keinen Hinweis auf den Betreiber. Lediglich ein Display, ein Kartenleser und ein Tastenfeld. Ich fahre über den Perdil- und Wurzenpass nach Villach und lade dort an einer überdachten Säule vor einem Supermarkt. Ab Mittag ist Gewitter angesagt.

Während der Lade- und Frühstückspause kreisen meine Gedanken nochmal um die slowenischen Ladesäulen. Dann kommt mir die Idee, einfach mal die Hotline des Betreibers der Säule vor dem Militärmuseum anzurufen, vielleicht ist es ja der gleiche. Und so ist es. Der Hotline-Mitarbeiter erklärt mir, die Säule ist Plug&Charge. Man müsse auf dem Tastenfeld die Ziffer 2 drücken und könne dann die Sprache wählen, dann die Säulennummer und dann das Kabel einstecken. Klingt zu schön um wahr zu sein. Aber stimmt das? Soll ich nochmal rüberfahren? Wäre schon gut zu Wissen (für die September-Tour). 

Also fahre ich die 85 km nach Bovec zurück und probiere es aus. Bingo. Die Zero lädt. Super. Danach mit vollem Akku wieder zurück. Unterwegs erwischt mich der Regen dann doch noch. In Österreich ist es dann wiederum (noch) fast trocken. Ich fahre unter sporadischen Regentropfen Richtung Villach und nach einer Stunde wird es heller. Geschafft. In Obervellach komme ich trocken an, lade mein Bike und laufe zur Pension. Dann sehe ich ein Schild "Autoschleuse Tauernbahn 8 km". Stimmt, eine Durchquerung der Tauern per Zug mittendurch statt mit dem Motorrad obendrüber. So schön die Strecke ist, die Zugvariante interessiert mich einfach. Also sattele ich für den nächsten Tag darauf um.

 

Tag 7

 

Pünktlich zur Ladezeit stehe ich am Bahnsteig in Mallnitz und warte mit einer Handvoll weiterer Fahrzeuge auf den Zug. Mit etwas Verspätung beginnt das Verladen: Man fährt über einen erhöhten Teil des Bahnsteigs auf den Boden der Wagen, die eine durchgehende Fläche bilden. Das Moped darf in die erste Reihe. Dort wird es verzurrt und alle Fahrgäste und Fahrer nehmen im einzigen Waggon Platz. Nach einer knappen Viertelstunde hat man die Tauern durchquert und die Fahrzeuge dürfen in Längsrichtung wieder runtergefahren werden. Die Zero tut aber keinen Mucks. Keine Ahnung warum. Fehlercode 44. Da ich den ganzen Ausladeprozess aufhalte, schiebe ich sie erst mal vom Zugwaggon runter und suche im PDF-Handbuch nach den Fehlercodes. 44 = Not-Aus. Aaaah, klar, beim Verzurren wurde der Kill-Switch betätigt. Den benutze ich nie, deshalb hatte ich ihn nicht auf dem Schirm. Dann geht's weiter über den Bischofshofen, Wolfgangsee, Mondsee, Lauffen und den Waginger See (letzter Ladehalt) nach Hause. 

 

 

Fazit

 

2177 km in sieben Tagen, 300 km pro Tag. Viele schöne Kurven gefahren. An der Küste. In den Bergen. Stunden an Orten zugebracht, die ich sonst nie gesehen hätte - weil dort Ladesäulen stehen. Schöne Orte, naja, oft, nicht immer. Interessante Gespräche geführt mit E-Auto- und ICE-Motorradfahrern, aber auch Radlern. Keine 100 l Benzin "zum Spaß" verfahren. Eine gute Sache. Wenn der Chargetank und das Zusatzladegerät gemeinsam laden, ist die Ladezeit in Ordnung. Ich werde mir deshalb ein Ladekabel Typ2-Infrastruktur zu Typ1-Fahrzeug plus Schuko an verschiedenen Phasen organisieren, so dass ich mit 4.8 kW laden kann. 

Was mich aber am meisten fasziniert: Wie gut sich die Zero speziell bei kurvenreichen Strecken fährt. Kein Kuppeln. Kontinuierliches Moment. Ich bin begeistert.

 

Die Ladesäulensituation in Österreich ist super. Die Ladesäulendichte prima. Viele Säulen derzeit noch kostenlos. Zwei Karten sollte man haben: IAM - Lebensland Kärnten und TankE Wien. In Slowenien freue ich mich, dass ich die Plug & Charge-Säulen jetzt bedienen kann. Das Problem sitzt oft genug vor/auf dem Gerät :-). Die Ladesäulendichte ist nicht ganz so gut wie in Österreich, aber die Säulen sind gepflegt und i. d. R. funktionsfähig. Auch hier sind viele kostenlos, ohne Karte oder per SMS zu entriegeln (abgesehen von den Schnellladern, aber die können wir Zeros eh nicht nutzen). Kroatien ist etwas abgeschlagen. Die Ladesäulendichte ist mau. 140 km in bestimmten Teilabschnitten sind mit der Zero machbar. Wenn dann aber mehrere Ladesäulen defekt oder dauerbelegt sind, ist das ein NoGo. Die Elen-Karte ist extrem hilfreich: Die Säulen sind bei "hoher Ladeleistung" nicht so ganz kompatibel mit der Zero, mit 2.4 kW ist aber alles gut. Vor allem stehen sie an den richtigen Stellen. Unabhängig davon: Smiljan und Gospic sind empfehlenswert: Das Tesla Memorial Center und 3 funktionierende 22kW Ladesäulen sind ein Muss für den EV-Fahrer. Zuletzt die Küstenstraße: So viele schöne Kurven bin ich noch nie gefahren. Die Strecke von Crikvenica nach Starigrad ist super. Wer nicht soviel Zeit hat: Crikvenica nach Senj. Und dann abbiegen nach Gospic/Smiljan. Viel Spaß und gute Fahrt.

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Kommentare: 1
  • #1

    Rudi (Samstag, 30 Juni 2018 23:20)

    Danke für deinen ausführlichen Bericht. TOP!

    Ich hatte die Tage auch die Gelegenheit deine ZERO SR zu testen. Kannst du hier lesen: https://rudisblog.de/elektrocycle-zero/

    LG aus Krefeld vom Rudi